Positionen zu Transport, Technologie, Innovation
Digitalisierung „auf Schiene“
Die Digitalisierung ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und durchdringt mittlerweile alle Lebensbereiche. Was lag also näher, als die Einleitung zu dieser Ausgabe von Level X von KI verfassen zu lassen? Die Eingabe der Frage „Was sind die technischen Auswirkungen der Digitalisierung auf den Schienenverkehr?“ bei ChatPGB ergab einen umfangreichen Text, der zu dem Schluss kam: „Insgesamt hat die Digitalisierung das Potenzial, den Schienenverkehr zu verändern, indem sie die Sicherheit, die Effizienz und das Erlebnis für die Fahrgäste verbessert.
Diese Aussage können wir bei EBE Solutions bestätigen, liegt doch ein Gutteil unserer Arbeit darin, neue digitale Lösungen zu entwickeln, zu forschen und unsere Produkte laufend weiterzuentwickeln. Für unsere Kunden sind diese Prozesse oft gar nicht sichtbar, doch abseits der Kundenmeetings und Montagearbeiten passiert bei EBE noch sehr viel mehr. All diese Technologien, die Forschungsprojekte und Innovationen wollen wir Ihnen in unserer neuen Micro-Serie EBE-Techtalks vorstellen. Den Beginn macht in dieser Ausgabe der Bereich Forschung und Entwicklung, in dem wir an Forschungsprojekten mit namhaft Projektpartnern teilnehmen. Zudem nahmen wir das 170-Jahre Jubiläum der Eisenbahn in Indien zum Anlass, Indian Railways, einem der größten Bahnunternehmen weltweit, ein Porträt zu widmen.
Wie immer wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Lektüre,
Geschäftsführer Dipl.-Ing. (FH) Laurenz Trunner, MBA
und das Team der EBE Solutions
EBE-TECHTALKS 1: F&E im Projekt TARO
Neben der ÖBB als Projektinitiator und Vertretern der Industrie sind Österreichs führende wissenschaftliche Institutionen wie das AIT Austrian Institute of Technology GmbH, die Universität Klagenfurt, die FH OÖ F&E GmbH (FH Wels), der FH Campus Wien, die TU Graz und Joanneum Research Digital am Projekt beteiligt.
Automatisierung und Digitalisierung können wesentlich dazu beitragen, die Bahn durch Kapazitätserhöhungen zu attraktivieren und so Verkehrsverlagerungen auf die klimafreundlichere Schiene zu erreichen. Sie sind daher entscheidende Faktoren im Kampf gegen den Klimawandel. Unter diesem Aspekt zielte unser Beitrag im Projekt auf die Erforschung der Regionalbahntechnik der Zukunft ab. Hier liegt für die Schiene enormes Zukunftspotential.
Für den Themenbereich „Automated Train Operation“ entwickelten wir einen Demonstrator mit einer Vielzahl unterschiedlichster Schnittstellen zu Systemen anderer Hersteller. Dazu zählen sowohl klassische Schnittstellen auf Basis von Relais und Optokopplern als auch voll digitale IP-basierte Schnittstellen, wie eine RaSTA Schnittstelle, die gemeinsam mit der FH Wels entwickelt wurde, eine mit einem Partnerunternehmen entwickelte EULYNX SCI-LX oder unsere eigenen, auf IP/UDP basierenden Protokolle zur drahtlosen Anbindung von Weichen.
Das vergangene Jahr war also geprägt von einer dichten Abfolge an Projektschritten wie der Umsetzung der Schnittstellen-Simulatoren, Testungen im Open Rail Lab und der Analyse und Evaluierung. Derzeit laufen die finalen Evaluierungen der Testergebnisse und im Juni 2023 soll das Projekt letztendlich abgeschlossen werden.
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170 Jahre Eisenbahn in Indien
Vor 170 Jahren, am 16. April 1853 setzte sich der erste Personenzug Indiens auf der Strecke der Great Indian Peninsular Railway (heute Central Railway) zwischen Bombay (heute Mumbai) und dem nur 34 Kilometer entfernten Thane in Maharadschastra in Bewegung. Das Zeitalter der Eisenbahn war am Subkontinent angebrochen. Der Zug mit den 14 Wagons wurde von drei Dampflokomotiven gezogen, die Sahib, Sindhu und Sultan hießen und nahm seine Reise von einem provisorischen Bahnsteig auf, an dessen Stelle sich heute der Chhatrapati Shivaji Terminus – gemeinhin bekannt als Victoria Terminus – befindet, einer der größten und geschäftigsten Bahnhöfe der Welt und seit 2004 UNESCO-Weltkulturerbe. Waren es zu Beginn noch zwei Verbindungen pro Tag, so verkehren auf derselben Strecke heute täglich 1.160 Züge und befördern 3,4 Millionen Fahrgäste im Vorortverkehr. Die Central Railway befördert auf ihren diversen Strecken sogar 12 Millionen Fahrgäste.
Die indische Staatsbahn mit ihrem gigantischen Schienennetz verdankt ihren kometenhaften Aufstieg der Unrentabilität der früheren Privatbahnen. Sie mussten ob der hohen Kosten des Baus ihrer Breitspurstrecken ständig von der Kolonialregierung bezuschusst werden, was diese schließlich dazu bewog, private Bahnen zu verstaatlichen und unter dem Schirm der Indian State Railways eine staatliche Gesellschaft aufzubauen. Deren Schienennetz wuchs rasant und vergrößerte sich bis 1930 bereits auf 52.000 km Länge. Buchstäblich jeder Winkel des Landes wurde in den darauffolgenden Jahren von der Bahn erschlossen.
Turbulente Zeiten der Teilung
Im Zuge der Teilung Indiens nach Erlangen der Unabhängigkeit wurden Bahnstrecken oftmals zum Schauplatz schrecklicher Attentate. Allein beim Massaker von Amritsar im September 1947 starben 3.000 Muslime beim Überfall auf einen Zug durch einen Mob von Hindus und Sikhs. Für tausende Binnenflüchtlinge wurden die Züge zu stählenen Särgen, sie verbrannten hilflos in den vergitterten Abteilen. Die Züge, die ihre Leichen transportierten, wurden von der Bevölkerung bald “Ghost Trains” genannt.
Neustart als Indian Railways
1951 erfolgte der Zusammenschluss aller Bahngesellschaften zu den heutigen Indian Railways, ab den 196oer Jahren wurde das Streckennetz einheitlich von Meter- auf Breitspurstrecken umgestellt. Allerdings waren noch mehrheitlich Dampflocks unterwegs, die bis in die 1970er Jahre produziert wurden. Die Umstellung verlief zunächst schleppend: Da Diesel teurer als Steinkohle war, standen Ende der 1980er Jahre immer noch 4.ooo Dampflocks im Dienst, weniger als 10.000 Kilometer Bahnstrecke waren elektrifiziert.
Der Weg zur modernen Staatsbahn
Heute steht Indien kurz vor der vollständigen Elektrifizierung seiner Bahnstrecken. Ein entsprechender Plan soll bis 2024 umgesetzt werden. Doch nach wie vor verkehren die Züge vergleichsweise langsam. Die schnellsten Verbindungen wie der 2016 eröffnete Gattimaan Express zwischen Delhi und Agra erreichen zwar 160 km/h doch das durchschnittliche Reisetempo beträgt gerade mal 100 km/h. Dem will man durch den Bau von Hochgeschwindigkeitskorridoren entgegenwirken. Urprünglich für 2023 geplant, sollen auf der Strecke Mumbai–Ahmedabad nach einer Reihe von Verzögerungen nun endlich 2028 die ersten japanischen E5 Shinkansen verkehren.
Erstaunliches über Indiens Eisenbahn
Bahnunternehmen der Superlative
Mit 68.103 km Streckenlänge ist das indische Schienennetz das viertgrößte der Welt (nach den USA, CHN und RU). Täglich befördern 13.452 Personenzüge rund 24 Millionen Passagiere zu 7.337 Bahnhöfen.1 Obwohl die Zahl seit Jahren sinkt, beschäftigt Indian Railways stolze 1.254 Millionen Mitarbeiter:innen und ist nach der Armee der zweitgrößte Arbeitgeber des Landes.
1 Indian Railways Year Book 2020-21
Eisenbahn als Touristenattraktion
Indian Railway fährt nicht nur zu den zahlreichen Sehenswürdigkeiten des Landes, man hat selbst viele zu bieten: Die Nilgiri Mountain Railway ist einer der langsamsten Züge Indiens und seit 2005 UNESCO Weltkulturerbe. Zwei weitere Bahnstrecken und der Victoria Terminus stehen ebenfalls auf der Liste der UNESCO. Neben den National Rail Museum in New Delhi betreibt das Unternehmen 37 Museen landesweit. Eine besondere Attraktion für Eisenbahnfans ist die „Nagpur Diamond Crossing“: Indiens einzige in Betrieb befindliche doppelte Kreuzungsweiche zieht jährlich tausende Fans an.